Eine Hausdurchsuchung passiert in der Regel nicht alle Tage. Wie Sie sich als Betroffener richtig verhalten, was Ihre Rechte sind und welche Voraussetzungen von Beginn an erfüllt sein müssen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Eine Hausdurchsuchung ist sowohl für den Betroffenen als auch die ermittelnden Beamten eine alles andere als entspannte Situation. Hinzu kommt, dass die Durchsuchung meist in den frühen Morgenstunden (ab 6 Uhr) oder am Abend bis 21 Uhr erfolgt. Polizei und Staatsanwaltschaft möchten auf diese Weise sicherstellen, dass der Verdächtige zum einen Zuhause ist und zum anderen keine Beweismittel mehr vernichten kann.
Die Hausdurchsuchung dient der Beschaffung und Sicherung von Beweismitteln. Sie wird aufgrund strafprozessualer Vorschriften, insbesondere den §§ 102 ff. StPO, durchgeführt. In der genannten Vorschrift (§ 102 StPO) heißt es:
„Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.“
Eine Hausdurchsuchung kann wegen des immensen Eingriffs in die Privatsphäre der betroffenen Person nur auf Grundlage eines richterlichen Beschlusses durchgeführt werden. Hiervon gibt es zwar einige Ausnahmen, etwa die Gefahr im Verzug, aber auch hier muss der Beschluss nachträglich beantragt werden.
Gründe für eine Hausdurchsuchung
Bei der Hausdurchsuchung kommt es, wie bei allen staatlichen Handlungen, auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an. Die Maßnahme muss also geeignet, erforderlich, notwendig und angemessen sein. In der Regel stellt die Durchsuchung der Wohnräume die einzige wirksame Maßnahme zur Beschlagnahme relevanter Gegenstände dar und ist damit notwendig. Gründe für Durchsuchungen durch Polizeibeamte können unter anderem sein:
Drogenkriminalität
Gerät ein Verdächtiger in den Fokus von Drogenermittlungen der Polizei, erhärtet sich schnell der Verdacht, die entsprechenden Substanzen könnten in den Wohnräumen des Beschuldigten zu finden sein. In diesem Fall ordnet der zuständige Richter mittels Durchsuchungsbeschluss eine Hausdurchsuchung an, die durch Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft durchzuführen ist. Die Klassiker der Drogenkriminalität sind:
- Cannabis sowie entsprechende Pflanzen
- Heroin und Amphetamine
- Utensilien zur Herstellung und Weiterverarbeitung von Drogen
Die Beamten suchen meist gezielt nach den verbotenen Substanzen und setzen dabei unter anderem Drogenspürhunde ein. Gleichzeitig werden Mobiltelefone und Rechner genau unter die Lupe genommen. Finden sich verdächtige Chats, werden die Geräte beschlagnahmt.
Bestellungen im Darknet
Ein weiterer Ermittlungsansatz, infolgedessen es zu Hausdurchsuchungen kommen kann, sind illegale Bestellungen im Darknet. Zwar ist der Einkauf und Handel dort nicht gesetzlich untersagt, der Erwerb von Waffen und Drogen aber sehr wohl. Für die Behörden reicht bereits eine gefundene IP-Adresse oder eine Handynummer, um einen entsprechenden Durchsuchungsbeschluss bei Gericht zu beantragen. Die Beamten suchen bei der Durchsuchung nach allen Anhaltspunkten für illegale Geschäfte, insbesondere aber nach den verbotenen Gegenständen selbst.
Grundsätzlich können Betroffene davon ausgehen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Strafverfolgung sinkt, je länger die illegale Bestellung zurückliegt. Grund sind nicht mehr vorhandene Beweismittel, überschriebene Datenträger und die auch den Behörden bekannte Möglichkeit, dass entsprechende Substanzen wie Drogen bereits konsumiert oder weiterverkauft wurden. Nichtsdestotrotz bleibt eine kleine Restwahrscheinlichkeit auch mehrere Jahre nach der Tat bestehen.
Filesharing
Neben Straftaten mit physischen Komponenten wie Waffen und Drogen finden Hausdurchsuchungen auch wegen rein online begangener Taten statt. Hierzu gehört neben Filesharing als Form der Urheberrechtsverletzung auch die illegale Verbreitung pornografischer Schriften. Beides findet auf Tauschbörsen und anderen Online-Marktplätzen, oft aber auch im Darknet, statt. Beschuldigte werden über ihre IP-Adresse, hinterlassene persönliche Daten oder Tipps von dritter Seite ausfindig gemacht.
In vielen Fällen nutzen Geschädigte sogenannte Abmahnungen, um ihre Ansprüche mitzuteilen und gegebenenfalls auch gerichtlich geltend zu machen. Eine Abmahnung ist ein Schreiben von einem Rechtsanwalt, meist einer Anwaltskanzlei für Urheberrecht, die den Verstoß und die damit einhergehende Forderung (etwa Schadenersatz) der Gegenseite bezeichnet. Der Betroffene hat die Möglichkeit, sich selbst an einen Rechtsanwalt zu wenden, was grundsätzlich zu empfehlen ist, oder die Forderung bei offensichtlicher Berechtigung zu begleichen.
Als Geschädigter haben Sie die Möglichkeit, sich zur Identifikation der „anonymen“ IP-Adresse direkt an den entsprechenden Provider zu wenden. Dieser ist verpflichtet, die Daten zur Durchführung von Strafverfahren offenzulegen. Da ein Großteil der Ansprüche außergerichtlich geregelt werden, sind Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit Filesharing eher selten. Die Staatsanwaltschaft nimmt die Ermittlungen – abgesehen davon – auch erst ab einer gewissen Anzahl von Verstößen (etwa 300 Filme und/oder 2000 Songs) auf.
Richterlicher Beschluss, Uhrzeit und Anwesenheit – das sind die Voraussetzungen für eine Durchsuchung
Die Hausdurchsuchung durch Polizei und Staatsanwaltschaft stellt – egal um welches Vergehen oder Verbrechen es geht – einen immensen Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) dar. Im Folgenden möchten wir Ihnen mehr über die Voraussetzungen für eine Durchsuchung, den Ablauf einer solchen Maßnahme näherbringen und einige Tipps mit an die Hand geben.
Durchsuchung mit oder ohne richterlichen Beschluss?
Die grundlegende und damit wichtigste formelle Anforderung an eine Hausdurchsuchung ist das Vorliegen eines wirksamen richterlichen Beschlusses nach § 105 Abs.1 der StPO: „Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen angeordnet werden.“ Dabei spielt es keine Rolle, ob Betriebs- und Geschäftsräume oder eine private Wohnung durchsucht werden sollen. Der entsprechende Durchsuchungsbeschluss gilt für die Dauer von sechs Monaten ab Ausstellung und muss danach erneut beantragt werden.
Die einzige und wichtigste Ausnahme, bei der kein richterlicher Beschluss erforderlich ist, stellt Gefahr im Verzug dar. Sie liegt vor, wenn der Erfolg der Ermittlungen durch nicht unverzügliches Eingreifen gefährdet wäre. Entgegen der weitverbreiteten Meinung muss also keine unmittelbare Gefahr bestehen, sie muss aber durch zögerliches Handeln wahrscheinlich sein. In diesen Fällen kann die Staatsanwaltschaft oder Polizei die Durchsuchung der Wohnung selbst anordnen.
Die Uhrzeit
Eine Hausdurchsuchung darf nicht während der sogenannten Unzeit durchgeführt werden. Im Sommer gilt hier der Zeitraum zwischen 21 Uhr abends und 4 Uhr des nächsten Morgens als unzulässig. Im Winter verlängert er sich auf 6 Uhr. Allerdings müssen sich die Behörden nicht auf Wochen- oder Werktage beschränken und dürfen eine Durchsuchung der Räumlichkeiten auch am Wochenende und an Feiertagen durchführen.
Außerdem sind Polizei und Staatsanwaltschaft – sofern ein wirksamer Durchsuchungsbeschluss vorliegt – nicht verpflichtet, auf Sie zu warten. In § 106 Abs.1 StPO ist geregelt, dass eine Hausdurchsuchung auch in Abwesenheit des Beschuldigten durchgeführt werden darf. Hier ist aber ein Nachbar oder Mitbewohner als Zeuge heranzuziehen.
Welche Räume dürfen durchsucht werden?
Grundsätzlich sind von den § 102 ff. StPO alle Räumlichkeiten des Beschuldigten umfasst. Das bedeutet, dass die Polizeibeamten alle Räume durchsuchen dürfen, die die Person tatsächlich innehat. Es kommt nicht darauf an, dass sie tatsächlicher und rechtlicher Eigentümer der Räumlichkeiten ist. Auch das Hausrecht muss der Beschuldigte nicht innehaben. Die Hausdurchsuchung darf damit alle Räume unabhängig von den konkreten Eigentums- oder Besitzverhältnissen umfassen.
Darüber hinaus muss es sich bei den zu durchsuchenden Räumen auch nicht um die dauerhaften Wohnräume handeln. Die Polizeibeamten dürfen mit entsprechendem Beschluss auch Hotelzimmer, Betriebsräume und Büros in Unternehmen durchsuchen. Die entsprechenden Rechte räumt die Strafprozessordnung den Ermittlungspersonen ein. Nicht durchsuchbar sind Haft- und Besuchsräume einer Justizvollzugsanstalt.
Durchsuchung von Smartphones und Fahrzeugen: zulässig?
Neben einzelnen Räumen und ganzen Gebäuden kann es bei diversen Verdachtsmomenten auch sinnvoll oder notwendig sein, Smartphones, PCs und Fahrzeuge zu durchsuchen. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahre 2005 bereits dahingehend entschieden, dass die Auswertung höchstpersönlicher Daten (wie sie auf Smartphones gespeichert sind) nur zulässig ist, wenn der Verdacht einer schweren Straftat im Raum steht. Darunter fallen etwa Steuerhinterziehung, Mord und terroristisch geprägte Delikte.
Die Polizei hat darüber hinaus die entsprechenden Rechte, um im Rahmen einer Hausdurchsuchung auch das Kraftfahrzeug des Beschuldigten zu durchsuchen. Da es sich hierbei nicht um einen höchstpersönlichen Lebensbereich handelt, sind die Hürden für die Verfolgung einer Straftat deutlich geringer.
Verhalten und Ablauf
Eine Hausdurchsuchung wird entweder in den frühen Morgenstunden oder am Abend durchgeführt, wobei der Morgen deutlich wahrscheinlicher ist. Die Beamten klingeln und händigen Ihnen direkt den entsprechenden richterlichen Beschluss aus. Aus dem Schriftstück gehen der Beschuldigte, die im Raum stehenden Straftaten sowie die zu suchenden Beweismittel hervor. Neben den Beamten kann auch ein Hund dabei sein, der etwa zum Aufspüren von Rauschmitteln in den Räumen des Verdächtigen eingesetzt wird.
Für die Durchsuchung gibt es einige Verhaltensregeln, die Sie zur Vermeidung unnötiger Probleme befolgen sollten:
- Sie müssen die Hausdurchsuchung zwar dulden, aber nicht aktiv mitwirken.
- Sie gelten als Beschuldigter und müssen sich zu nichts äußern. Dies sollten Sie auch in keinem Fall tun, da die so gewonnenen Erkenntnisse im Zweifel gegen Sie eingesetzt werden.
- Sie sollten umgehend Ihren Anwalt kontaktieren. Weisen Sie die Beamten darauf hin, dass Ihr Strafverteidiger auf dem Weg ist und der Durchsuchung beiwohnen wird.
- Zeigen Sie sich kooperativ. Händigen Sie den Beamten klar bezeichnete Gegenstände aus, um eine Verwüstung Ihrer Wohnräume zu vermeiden. Auf diese Weise verhindern Sie außerdem, dass die Polizei weitere Zufallsfunde machen kann.
- Lassen Sie Ihren Strafverteidiger Widerspruch gegen die Durchsuchung sowie die Beschlagnahme der entsprechenden Gegenstände einlegen. Auch sollten Sie sich Namen und Dienstnummern der beteiligten Beamten notieren.
In keinem Fall sollten Sie versuchen, die Hausdurchsuchung zu verhindern oder den Beamten Steine in den Weg zu legen. Ist Ihr Strafverteidiger bzw. Rechtsanwalt noch nicht vor Ort, händigen Sie dem Einsatzleiter am besten das Telefon aus. So kann sich der Anwalt direkt selbst mit der Situation sowie der Ihnen vorgeworfenen Straftat vertraut machen.
Fund? – So verhalten Sie sich
Egal, welche Straftat im Raum steht: Werden die im Durchsuchungsbeschluss bezeichneten Gegenstände gefunden, ist die Durchsuchung beendet. Um Zufallsfunde zu vermeiden, händigen Sie den Ermittlern entsprechende Dinge am besten direkt selbst aus. Denn: Auch wenn die gezielte Suche nach „Zufallsfunden“ unzulässig ist, lässt sich das vor Gericht nur schwer bis gar nicht beweisen. Zudem wirkt sich Kooperation positiv auf eine eventuelle Verurteilung aus.
Ansprüche und Fazit
Wird eine Tür aufgebrochen oder andere Gegenstände in der Wohnung durch die Ermittler beschädigt, haben Sie Anspruch auf Schadenersatz. Diesen sollten Sie in jedem Fall versuchen, gerichtlich durchzusetzen. Aber Achtung: Zeigen Sie sich nicht kooperativ und müssen die Beamten deshalb gewaltsam vorgehen, erlischt der Anspruch möglicherweise.
Eine Hausdurchsuchung ist für keinen Verdächtigen eine angenehme Angelegenheit. Beschuldigter, Strafverteidiger aber auch die zuständigen Ermittler sind froh, wenn die Maßnahme nicht länger als nötig andauert. Durch die Beachtung einiger Tipps und kooperatives Verhalten tragen Sie zu einem schnellen Ende der Durchsuchung bei.
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